Geisteswissenschaften – nicht mehr als brotlose Kunst?

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Ein geisteswissenschaftliches Studium: Brotlose Kunst oder lohnende Investition? — Thinking-black-and-white-jason-rogers-flickr.com —

Immer wieder konnten in den letzten Wochen und Monaten Artikel zur Kenntnis genommen werden, die sich mehr oder minder qualifiziert mit der Frage auseinandersetzen wollten, was ein sinnvolles Studium ist. Das Resultat war durchaus verblüffend, denn der Großteil dieser Artikel kann auf folgende Essenz heruntergebrochen werden: Ein geisteswissenschaftliches Studium ist Mist und zu nichts zu gebrauchen. Ist das so?

Mal echt. Welcher Idiot entscheidet sich denn heutzutage noch für ein geisteswissenschaftliches Studium? Wer Bücher lesen will, kann das ja wohl auch zu Hause machen; wer später Taxi fahren will, braucht doch nicht studieren. Für die freie Wirtschaft sind diese Absolventen gar nicht interessant, richtig? Falsch und das aus einer Vielzahl an Gründen.

Die fünf W-Fragen zum Studium der Geisteswissenschaften

Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass diejenigen, die sich für ein geisteswissenschaftliches Studium entscheiden, über ausreichend Eigeninitiative verfügen sollten. Absolventen haben in der Regel kein klar umrissenes Berufsbild, das allein durch das Studium als solches definiert würde. Niemand verlässt die Universität als Arzt, Jurist oder Ingenieur. Somit ist es erforderlich, sich schon während des Studiums durch Schwerpunktbildung oder spezielle Praktika ordentlich zu profilieren. Wer nach dem Studium ein Volontariat anstrebt, sollte eventuell schon 1-2 relevante Praktika absolviert haben oder anders Erfahrungen in diesem Bereich zeigen. Motivation und die nötige Portion Ehrgeiz sollten vorhanden sein – aber das sollte es generell, weshalb dies kein Alleinstellungsmerkmal sein kann.

Was lernt ein Student denn überhaupt an relevanten Inhalten, wenn er Geschichte, Germanistik oder Philosophie studiert und das noch nicht mal auf Lehramt? Nun generell darf davon ausgegangen werden, dass Absolventen im Bereich Geisteswissenschaften in erster Linie lernen, mit komplexen Sachverhalten und Problemen umzugehen, ihre Abstraktionsgabe zu schärfen und dies alles in möglichst einfachen Worten wiederzugeben. Analytik und Abstraktionsvermögen: Pluspunkt. Darüber hinaus haben diese Absolventen gelernt, mit Sprache umzugehen und sicher das Für und Wider eines Themas kompetent argumentativ zu vertreten. Eloquenz: Pluspunkt.

Wo arbeiten die meisten Absolventen nach dem Studium? Die klassischen Berufsbilder fixieren journalistische Tätigkeiten, das Arbeiten in Kulturinstituten, Stiftungen, NGOs, das Einschlagen einer akademischen Laufbahn oder Lehr- und Beratertätigkeiten im weitesten Sinne. Aber eine wesentliche, wichtige und zukunftsträchtige Sparte wird vollkommen ausgeklammert oder ist einfach noch nicht in den elitär ausgerichteten Köpfen der meisten angekommen: die Digitalbranche – Content ist King und hochwertiger Digitalcontent verlangt nach Schreibern, die es drauf haben. Eine gute Produkt- oder Kategoriebeschreibung ist nämlich weitaus mehr als die stumpfe Aneinanderreihung von Keywords. Jeder Onlineshop benötigt Produktbeschreibungen, Kategoriebeschreibungen, redaktionelle Texte: Content Manager werden allerorts gesucht, Arbeitskräfte, die das Schreiben wirklich beherrschen und ein ausgezeichnetes Sprachgefühl haben, sind rar.

Es wäre daher schön, würden sich die Universitäten dieses Umstandes annehmen und das Lehrangebot etwas ausdehnen und neben Kant auch lehren, wie das mit der Digitalbranche funktioniert, welche neuen Berufsbilder erschlossen werden können und welche Möglichkeiten und Türen den Absolventen nach dem Studium offen stehen. Das wäre hilfreich und vielleicht würde es dazu beitragen, dass diese klischeehaften, stumpfen Vorurteile, die gegenüber den geisteswissenschaftlichen Studiengängen vorherrschen, endlich ein Ende nehmen. To be continued…

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