Bewerbung verschickt – Fatih, das sieht leider schlecht für Dich aus…

Fact No.2_WTF…sorry, hat nichts mit Dir zu tun! Letzte Woche haben wir bereits gesehen, dass verschiedene internationale Studien in die gleiche Richtung weisen: Der Name eines Bewerbers kann ausschlaggebend dafür sein, ob ein Kandidat über die erste Bewerbungsrunde hinaus kommt, oder nicht. Wie und unter welchem Umstand dies immer wieder passiert, wollen wir heute einmal genauer unter die Lupe nehmen. Auf in Runde 2!

Deutschland: Was läuft mit Deinem Personalmanagement schief?

Die statistische Beobachtung, dass Migranten im Schnitt weniger verdienen oder häufiger ohne Beschäftigung sind, ist ein Umstand, der alleine nicht hinreichend ist, einen Diskriminierungsvorwurf zu erheben – auch wenn dieser Zustand länderübergreifend vorherrschend zu sein scheint. Problemlos könnte plausibel gemacht werden, dass es sich hier um ein Resultat unterschiedlicher Qualifikationen und weniger um eine vorurteilsbelastete Einstellung seitens der Arbeitgeber handelt. Die Studien zeigen nur leider ein anderes Ergebnis.

Kaas und Manger von der Universität Konstanz haben mit ihrer Studie deutschen Unternehmen auf die Finger geschaut und eindeutige Anhaltspunkte dafür geliefert, dass auf dem deutschen Arbeitsmarkt Bewerber mit türkischem Migrationshintergrund schlechtere Karten haben: Sie erhalten trotz formal gleicher Qualifikation weniger Einladungen zum Vorstellungsgespräch.

Ein Faktencheck und fünf W-Fragen: Wie kommen diese Einsichten zustande?

Für die Studie wurden diverse Jobbörsen auf ausgeschriebene Studentenpraktika für die Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften durchforstet. Insgesamt wurde jede der etwa 500 Stellenausschreibungen mit zwei Bewerbungsschreiben beantwortet: eine Bewerbung mit deutsch klingendem, eine mit türkisch klingendem Namen. Beide Bewerber haben die deutsche Staatsbürgerschaft, gaben Deutsch als Muttersprache an, wurden an deutschen Schulen ausgebildet, selbst die Fotos wurden bewusst so gewählt, dass der Bewerber sowohl deutscher als auch türkischer Abstammung hätte sein können – clever! Die fiktiven Bewerbungssets sind demnach bis auf wenige Details identisch. In beiden Bewerbungen wurden zwei Nebenjobs angegeben, wobei nur einer Bewerbung zusätzliche Arbeitszeugnisse angefügt waren.

Wenn da nur nicht diese Sache mit dem Namen wäre, würde selbst der kritischste Geist zugestehen müssen, dass die formale Qualifikation identisch dargestellt wurde. Anmerkung: Welcher Name und welches Foto auf welche Bewerbung kamen, entschied der Zufall, sodass Reaktionen auf die Bewerbungen nicht auf ein bestimmtes Bewerbungsset zurückgeführt werden können.

Was danach geschah: Die Reaktion

Von 528 verschickten Bewerbungen erhielt in 270 Fällen keiner der beiden Bewerber eine Rückmeldung, in 134 Fällen konnten sich beide Bewerber über eine Einladung zum Vorstellungsgespräch freuen. Darüber hinaus war 75-mal für den Bewerber mit deutsch klingendem Namen und 49-mal allein für den Bewerber mit türkisch klingendem Namen eine positive Reaktion auf die Bewerbung zu verzeichnen. Das bedeutet, dass die Bewerbungen von Dennis Langer und Tobias Hartmann gegenüber den Bewerbungen von Fatih Yildiz und Serkan Selzer 14 % häufiger eine positive Rückmeldung erhielten. Zudem zeichnete sich die Tendenz ab, dass sich häufiger kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern gegen den Bewerber mit einem vermuteten türkischen Migrationshintergrund entschieden. Dort konnte eine Differenz von ganzen 24 % ausgezeichnet werden.

Interpretation der Ergebnisse: Was ist die Moral von der Geschicht?

Im Vergleich mit anderen internationalen Studien fallen die Ergebnisse der Untersuchung der Rolle von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland noch relativ moderat aus. In den Vereinigten Staaten beispielsweise erhielten Bewerber mit einem schwarz klingenden Namen 50 % weniger positive Rückmeldungen – und zwar ungeachtet der Firmengröße und ob sich eine Bewerbung an eine Position im Staatsdienst oder in der freien Wirtschaft richtete. An diesem Beispiel sollten sich die Personalabteilungen hierzulande nun wirklich nicht orientieren.

Interessanterweise hat die Studie von Kaas und Manger auch gezeigt, dass unter den Bewerbungen, denen zusätzlich Arbeitszeugnisse und Referenzen der bisherigen Tätigkeiten angeheftet waren, kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf den Erfolg der beiden Bewerbungssets auszumachen war. Möglicherweise kann daraus geschlossen werden, dass durch weiterführende Informationen die Diskriminierungswahrscheinlichkeit verringert wird. Dies würde zumindest den Bewerbern auf dem deutschen Arbeitsmarkt zugutekommen, da es hierzulande so und so gängige Praxis ist, zusätzliche Unterlagen, Referenzen oder Arbeitsproben anzufügen, die Aufschluss über die Person hinter dem freundlich lächelnden Gesicht auf dem Bewerbungsfoto geben.

„Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.“ – Albert Einstein

Kaas und Manger deuten die Ergebnisse dahingehend, dass die spürbaren Vorurteile gegenüber Bewerbern mit Migrationshintergrund, die statistische Diskriminierung, das Resultat einer gewissen Stereotypenkonzeption ist. Mit zusätzlich beigefügten Unterlagen würden sich diese Vorurteile dann aber relativieren – sehr freundlich. Der Frage, wie es auf Seite der Personalverantwortlichen tatsächlich aussieht und inwiefern und inwieweit diese These bekräftigt werden kann, werden wir in der nächsten Woche auf den Grund gehen. Es bleibt spannend. – To be continued

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Quellen
1) Leo Kaas, Christian Manger: Ethnic Discrimination in Germany’s Labour Market: A Field Experiment, Discussion Paper Series, Konstanz 2010.
2) Marianne Bertrand, Sendhil Mullainathan: Are Emily and Greg More Employable Than Lakisha and Jamal? A Field Experiment on Labor Market Discrimination, The American Economic Review, September 2004, S. 991-1013.

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